Fahnenweihe des Kriegervereins

Quelle: (unbekannt) vom 13. Juli 1931
Verfasser: P. Dr. (unbekannt)

Titelzeile Fahnenweihe des Kriegervereins

"Für deutsche Ehr — die treue Wehr!"

Die Fahnenweihe des Kriegervereins Rohrborn am 11. und 12. Juli 1931
Stadt und Land geben sich ihr Stelldichein — Rege Anteilnahme der Nachbar-Krieger-Vereine
Ein Festtag für das stille Dorf

Auftakt . . .

Zwei schöne, erhebende Festtage hat Rohrborn, das kleine, sauber gelegene Dörfchen in Sömmerdas Nachbarschaft nun hinter sich, zwei Tage selten in ihrer Art, in ihrem Inhalt und mit ihrem Drum und Dran. Wo sonst die Ruhe und der Frieden ländlicher Einsamkeit herrschten, wo sonst des Landmanns Ackergeschirre durch die Straßen rasselten, da bewegten sich Sonnabend und Sonntag festlich gekleidete Menschen, da leuchteten lachende Gesichter, da herrschte ein Leben und Gedränge, ertönte Musik und Trommelwirbel, vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Das waren die äußeren Anzeichen der Fahnenweihe des Kriegervereins Rohrborn 1928, der nach beinahe 4-jährigem Bestehen sich als glücklicher Besitzer einer Fahne schätzen durfte. Als letzter der Vereine im Kreise Weißensee, wie dies in den Ansprachen am Sonntag betont wurde. Mit dieser Weihe hat nun auch der Rohrborner Verein sein Symbol erhalten, sein Heiligtum, das seiner weiteren Tätigkeit mehr Inhalt geben wird ...

Bei herrlichstem Sonnenschein konnte das Fest seinen Anfang, seinen Fortgang und sein Ende nehmen. Kein dunkles Wölkchen, keine Regenschauer verdüsterten die Gemüter der vielen Festteilnehmer von Fern und Nah. Alles verlief nach Wunsch und nach dem Programm. Die Gastgeber erhielten Genugtuung für ihre glänzenden Vorbereitungen und ihre vorbildliche Gastfreundschaft, die Gäste hingegen fühlten sich in dieser Umgebung wohl und wußten das wohl zu schätzen und schießlich waren es auch für beide Teile einige erhebende Stunden, die der Sonntag bot. Besonders mag dies der Weiheakt auf der Wiese am Dorfeingang gewesen sein, der durch die markigen Worte Pastor Richters besonderen Inhalt erhielt.

Und weil es alles so schön gelang und weil alle Teilnehmer auf ihre Rechnung kamen, sei es in leiblicher Beziehung, sei es auch darum, in dieser furchtbaren Zeit wieder ein bißchen Trost und Mut zu schöpfen, sich auszusprechen und mit neuem Vertrauen an die Arbeit zurückzukehren, deshalb sei dem Kriegerverein Rohrborn der Dank und die Hochachtung aller Gäste ausgesprochen.

Im nachfolgenden Bericht wollen wir nun versuchen, das Stimmungsbild der Festtage vom Sonnabend und Sonntag wiederzugeben, denen, die dabei waren, zum Vergleich und Rückblick, denen die nach uns kommen, aber zur Erinnerung und zum Vorbild an die Tage von 1931.

Die Einleitung am Sonnabend

Schon um die Mittagsstunde war Rohrborn nicht wiederzuerkennen. Haus für Haus, Straße für Straße und alle Dorfeingänge erstrahlten im dichten Schmuck frischen Burgwendener Tannen- und Birkengrüns. Girlanden riefen den Ankommenden ein "Willkommen" entgegen, zahlreich flatterten die Fahnen in den alten Reichsfarben aus den Giebelfenstern, und auf der Wiese links vorm Dorfe standen zwei hohe Fahnenmasten, deren Tuch weit in die Fluren leuchtete. Nach Einbruch der Dunkelheit versammelte sich der Rohrborner Verein vor der "Rose" zum Fackelzug, der unter Vorantritt der Kapelle Eggert (Kindelbrück) und unter Beteiligung fast der gesamten Dorfbewohner sich durch sämtliche Straßen bewegte. In der "Rose" fand man sich dann in festlicher Stimmung zum Kommers zusammen.

Unter Musikstücken, zündenden Ansprachen, frohen und ernsten Reden, humoristischen Vorträgen verging schnell die Zeit. Nach einer Ansprache des 1. Vorsitzenden, Kamerad Egnolf richtete Administrator Tuchen (Sömmerda) an die Versammlung einige beherzigende Worte. Der Redner wies darauf hin, daß bei uns viel mehr Einigkeit herrschen könnte, wenn alle Stände, ob Stadt, ob Land, einsehen würden, daß sie voneinander abhängig sind. Nur in dieser Erkenntnis läge der Weg zur Einigkeit und nicht im gegenseitigen Verunglimpfen und Bekriegen. Zuerst käme immer das Vaterland und die Heimat und dann das persönliche Interesse des Einzelnen. Herr Tuchen wünschte, daß der Parteienzank wenigstens einmal zu einer Einigung führen möge, gleich wie Gewitter die Luft reinigen. In diesem Falle hätte der Zank und Streit sein Gutes.

Bei frohen Reden und Liedern verging bald die Zeit und man rüstete zum Aufbruch.

Der Sonntag

Um 6 Uhr erklangen zum ...(nicht lesbar)... durch die stillen Dorfstraßen. Dann erfolgte die Niederlegung eines Kranzes zum Gedächtnis der gefallenen Kameraden von 1870 / 71 und 1914 / 18. Um 11 Uhr fand in der "Rose" die diesjährige

Kreiskrieger-Verbandstagung

mit einer größeren Tagesordnung statt. Die Leitung hatte Kamerad Leutnant Bach (Gebesee). Ueber den Verlauf der Sitzung berichten wir an anderere Stelle.

Die Gastvereine marschieren an

Am Sonntag mittag rückten die Kriegervereine an. Vierzig sind geladen und haben ihr Erscheinen zugesagt. Mit dem Kraftwagen, mit Pferdegespannen, zu Fuß, begleitet mit Tambourmusik, kommen sie durch die sommerlichen Fluren daher und werden am Dorfeingang mit Musik abgeholt. Der Fahnenwald wird immer größer und noch sehr oft muß die Kapelle den Präsentiermarsch spielen. Die Zelte füllen sich zusehends. Lautsprechermusik ertönt. Alle Achtung: die Wirte waren aufs Beste vorbereitet.

Der Festzug

Nach 3 Uhr setzt sich vom Dorfanger aus der Festzug in Bewegung. An seiner Spitze zu Pferde zwei Ulanen und ein Husar, dann die Spielleute und die Musik, hinter ihnen der Vorstand des Kreiskriegerverbandes, die Ehrenjungfrauen mit der neuen, zu enthüllenden Fahne, der Turn- und Spielverein Rohrborn, eine Abteilung Soldaten in Vorkriegsuniform und dann die vielen Kriegervereine mit ihren Fahnen. Vertreten sind Schloßvippach, Schallenburg, Wundersleben, Sprötau, Gebesee, Wenigensömmern, Frömmstedt, Vehra, Schilfa, Erfurt, Tunzenhausen, Oberbösa, Sömmerda 2, Günstedt, Riethgen, Weißensee 2, Grüningen, Stödten, Orlishausen, Oldisleben, Straußfurt, Weißensee 1, Frohndorf, Sömmerda 1 und Schwerstedt. 26 Fahnen wehen im Zuge.

Die Fahnenweihe

Rohrborn, Fahnenweihe des Kriegervereins 1931Lupe

Fahnenweihe des Rohrborner Kriegervereins

Der lange Zug mit etwa 400 Teilnehmern bewegt sich nach der Wiese, wo vor der grünen Kanzel die Weihe der neuen Fahne erfolgen soll. Wie in Breslau bei der Stahlhelmkundgebung, stehen die Kriegervereine vor dem grünen Podium. Kommandorufe: "Stillgestanden!", "Gewehr über!", "Achtung! Präsentiert das Gewehr!" Unter den Klängen des Präsentiermarsches schreitet Rittmeister von Hagke (Schilfa) mit 4 Herren seines Stabes die Front ab. Dann steigt das Lied "Nun danket alle Gott" in den Sonnenhimmel empor. Pastor Richter (Sömmerda) hält die Weiherede. Ihr liegt zugrunde das Schriftwort Lucas 5, Vers 5: "Fahre auf in die Höhe! Herr, auf Dein Wort will ich es tun!" Zwei Worte sind seit dem unglücklichen Ausgang des Krieges allen Deutschen geläufig geworden. Sie sind halb Begeisterung, halb banges, dumpfes Fragen. Die Worte heißen: Wiederaufstieg und Wiederaufbau. In beiden Worten liegt unser Schicksal, liegen die Lebensnotwendigkeiten für unser Volk und das Schicksal jedes Einzellebens. So wenig der Einzelmensch sich gegen eine Uebermach wehren kann, so ist auch mit unserer Macht als Volk nichts getan, wenn wir nicht Kraft aus der Höhe schöpfen und das Wort Gottes als Weg dazu benutzen. Wir brauchen in der Gegenwart das Wort Gottes so nötig, schöpfen wir es also, indem wir uns in die Höhe richten und uns zu Gott wenden. "Herr, auf Dein Wort will ich es tun."

Es folgt das Gebet und der Gesang der 2. Strophe "Der ewig reiche Gott ...". Frl. Rothe spricht einen Prolog von Treue und Kameradschaft. Dann begrüßt Herr Otto Zwinkmann alle Festteilnehmmer und wünscht, daß die Feier nicht nur äußeres Gepräge sein, sondern auch zu Herzen gehen soll.

Rittmeister von Hagke gibt seiner Freude Ausdruck, daß der Rohrborner Verein schon nach so kurzem Bestehen seine Fahne weihen kann. "Ans Vaterland, ans teure schließ dich an ...", mit diesen Worten Arndts schließt der Redner.

"Stillgestanden." Die Fahnengruppe präsentiert, der Präsentiermarsch ertönt und der Fahnenwald senkt sich um die neue Fahne, deren Hülle fällt, zu grüßen. Mit den Worten: "Flattere voran in guten und bösen Tagen! Seid Euch bewußt, was Ihr mit dieser Fahne auf Euch genommen habt" übergibt sie Herr von Hagke dem Vorsitzenden Egnolf. Dieser dankt und drückt sie dem Fahnenträger in die Hände. Der übernimmt sie mit dem Gelöbnis, sie dem Verein voranzutragen, solange ihm Gott die Kraft dazu gibt.

Damit ist die Fahne des Kriegervereins Rohrborn von 1928 geweiht. Im Anschluß an den Weiheakt heftet Frau Egnolf mit den Worten "Einigkeit macht stark" eine von den Frauen des Kriegervereins gestiftete Fahnenschleife an den Fahnenschaft. Der Kriegerverein Sömmerda übereicht einen Fahnennagel mit dem Spruch "Deutsche Ehr — Deutsche Wehr". Weitere Nägel werden überreicht von Wenigensömmern, Gebesee und Orlishausen. Der Vorsitzende Egnolf spricht darauf Worte des Dankes. Nach einem Hoch auf das Vaterland klingt der Weiheakt mit dem Gesang des Deutschlandliedes aus. Der Festzug bewegt sich nun wieder durch sämtliche Dorfstraßen und endet mit einem schneidigen Parademarsch vor dem Kreisvorstand.

Ausklang

Langsam verteilen sich nun die Festteilnehmer und die vielen Gäste — es sind inzwischen immer mehr geworden — in die Zelte, in denen für Erholung und Erfrischung in jeder Beziehung Sorge getragen ist. Die Kapelle Eggert musiziert noch lange und fleißig, in den Zelten werden Erinnerungen ausgetauscht, Bratwurstduft durchzieht die Luft, die Orgeln des Karussels und der Luftschaukel mischen sich darein, kurz: ein Volksfest im Kleinen ist erwacht.

Das dauert noch sehr lange an und erst, als sich schon die Sommernacht über Rohrborn herniedersenkt, rüstet man zum Aufbruch. Man nimmt gewiß einige recht schöne Erinnerungen mit nachhause und bewahrt gewiß auch den ernsten Ton, der sich durch diesen Fahnenweihetag hindurchzog, in seinem Herzen ...

P. Dr.


Die neue Fahne zeigt auf der einen Seite die schwarz-weiß-roten Farben und in deren Mitte in einem Eichenkranz das Stahlhelmabzeichen mit zwei gekreuzten Schwertern. Darüber stehen die Worte: "Für deutsche Ehr' die treue Wehr". Auf der anderen Seite sieht man auf gelbem Felde einen Adler, darunter ein Schwert und ein Eisernes Kreuz. Darunter die Inschrift: "Kriegerverein Rohrborn, gegründet 1928"


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