"Urkundliche Nachrichten"

Quelle: "Urkundliche Nachrichten über die Städte, Dörfer und Güter des Kreises Weißensee: Beitrag zu einem Codex Thuringiae Diplomaticus" S. 557-559 1867
Verfasser: Friedrich Bernhard Freiherr von Hagke

Titelblatt Urkundliche Nachrichten "Urkundliche Nachrichten" über Rohrborn

Der Ortsname Rohrborn ist aus den Worten "Rohr" und "Born" gebildet, welch' letzteres in der Volkssprache gleichbedeutend mit Brunnen ist und es stellt also Rohrborn sich als eine Ansiedlung neben einem im Rohr befindlichen Brunnen dar.

Rohr ist goth. raus, althochd. rör und kommt mehrfach zur Bezeichnung von Ortsnamen vor; so finden wir in Hessen, Sachsen und Thüringen die Orte Rohrbach, Rohrbeck, Röhrenfurt, Rohrensee etc., im Canton Zürich kommen achtmal Ortsnamen "im Rore" vor, in der Nähe von Möhra, wo Luther's Eltern wohnten, hieß ein großer, erst seit 1834 ausgetrockneter Sumpf "Schaukelröhrig" und befinden sich daselbst die beiden "Röhrigshöfe" am Moorgraben etc.

Noch heute zeigen sich in der Flur des Ortes Rohrborn viele Quellen und Plätze, wo Rohr und Schilf wächst und auch das Kirchensiegel und das Gemeindesiegel des Ortes deuten auf den Ursprung des Ortsnamens hin, indem ersteres einen mit Rohr und Schilf umgebenen Brunnen, letzteres aber einen Brunnen, aus welchem Schilf emporwächst, darstellt.

So alt der Ort Rohrborn auch sein mag, so kommt derselbe doch in Urkunden früher Jahrhunderte nicht vor und findet die erste urkundliche Erwähnung, nach Documenten des Provinzialarchivs zu Magdeburg, in den jahren 1327 und 1328, wo sich Beziehungen zwischen dem Orte und dem Augustinerkloster in Erfurt etabliren. Nach diesen Urkunden gelangt das gedachte Kloster, auf Grund von Besitzübertragungen zwischen verschiedenen Personen, in das Eigenthum von 1 ½ Hufen Land und 3 Höfen, sowie von Geldzinsen zu Rohrborn, und es ertheilen die Grafen von Beichlingen als Lehnsherren hierzu den Consens. -- Als ältester Besitzer dieser 1 ½ Hufen und 3 Höfe erscheint Hermann von Vippach (Hermanus de Vipeche), der dieselben für 40 Pfund Pfennige dem Procurator des Reußen von Plauen verkauft, welcher selbige dem Augustinerkloster schenkt. Mit dieser Urkunde vom Jahre 1327 scheint in Widerspruch zu stehen eine Urkunde von 1328, nach welcher Landgraf Friedrich von Thüringen dem Augustinerkloster in Erfurt 1 ½ Hufen und 3 Höfe in Rohrborn nebst 4 Pfund 9 Schillinge Zinsen übereignet. Diese Uebereignung kann nicht eine landesherrliche Bestätigung der Schenkung des vorgedachten Procurators involviren, da der Landgraf dem Kloster das vorgedachte Besitzthum "zu seinem Seelenheil" überläßt und es dürfte daher der Procurator entweder nur in Vollmacht des Landgrafen gehandelt haben oder es sind die 1 ½ Hufen und 3 Höfe der beiden Urkunden nicht identisch.

Neben Hermann von Vippach erscheinen die Getze oder Gehetze, genannt von Beichlingen, als Grund- und Lehnsherren zu Rohrborn, da dieselben 1334 die Leute des Augustinerklosters in Erfurt zu Rohrborn, Munre (Großmonra) und Wernigeshausen in ihren Schutz nehmen, da dieselben 1349 dem Augustinerkloster 10 Malter Frucht und 2 Pfund Geldzinsen aus Munre anweisen und ferner 1363 dem gedachten Kloster Gewähr für den Besitz einiger demselben von ihnen verkauften Renten in Rohrborn und Wernigeshausen leisten. Lehnsherren der Getze waren die Grafen von Beichlingen, die u. A. im Jahre 1429 den lehnsherrlichen Consens zu einer von den Getze für den Erfurter Bürger Claus Ernst ausgestellten Wiederkaufsverschreibung von Zinsen aus Rohrborn ertheilen. Nachdem die Getze im Jahre 1446 noch eine Verschreibung von Zinsen in Beziehung zu dem Orte Rohrborn für Hans Hailsperg zu Erfurt ausgestellt haben, kommen dieselben in Beziehung zu dem Orte Rohrborn nicht weiter vor und es scheint deren Besitzthum daselbst auf den vorgedachten Hans Hailsperg (oder Haylsberg) übergegangen zu sein, dem Graf Hans von Beichlingen im Jahre 1457 das Dorf Rohrborn nebst den jährlichen Zinsen und dem dritten Theil des Gerichts für 128 Mark und 26 Groschen verkaufte.

Im Jahre 1466 verpfändete Hans Hailsperg das Dorf Rohrborn, welches, wenn eine Nachricht von Dominikus (Erfurt und Erufurt'sches Gebiet) richtig sein sollte, in demselben Jahre nebst dem Dorfe Stetten ganz in Hailsperg's Besitz gelangt war, an den Rath zu Erfurt, der von da ab im Besitze des Ortes verblieb, bis derselbe mit der Stadt Erfurt und dem sonstigen Churmainzischen Gebiete an die Krone Preußen fiel.

In früheren Kriegszeiten hat Rohrborn viel gelitten. Während des 30jährigen Krieges ist dasselbe fast ganz zerstört worden, die Einwohnerzahl sank bis auf 12 herab und da der Ort nicht mehr im Stande war, einen eigenen Pfarrer zu halten, so wurde derselbe nach Schallenburg eingepfarrt und erhielt erst um Jahre 1656 wieder einen eigenen Prediger.

Aufzeichnungen über die Schicksale des Ortes während des 7jährigen Krieges fehlen. Am 16. October 1806 wurde der Ort durch die Franzosen vollständig ausgeplündert und es erfolgte die Flucht sämmtlicher Einwohner aus dem Dorfe. In der Zeit von 1807-1813 sind die Einwohner während der französischen Occupation durch Einquartierungen, Contributionen, Vorspannleistungen etc. schwer heimgesucht worden und es rühren aus dieser Zeit der Bedrängniß die beträchtlichen Gemeindeschulden des Ortes her. In den Jahren 1719 und 1799 fanden große Feuersbrünste in Rohrborn statt und vom Jahre 1800 bis jetzt hat es achtmal daselbst gebrannt. Am 17. Juni 1722 und am 3. September 1728 wurde der Ort durch heftige Gewitter und Wasserfluthen, die viele Gebäude niederrissen und Verwüstungen der Felder verursachten, in große Bedrängniß versetzt und im Mai 1793 wurde die Erndte durch Hagelschlag fast vollständig vernichtet. Im Jahre 1795 wurde das Amtsgut in Sömmerda in einzelnen Theilen verkauft und es gingen die demselben in der Flur von Rohrborn gehörigen 61 9/16 Acker an dasige Einwohner über.

Die Kirche in Rohrborn, welche einst unter dem archidiaconatus Beatae Mariae Virginis Erfordiniensis und unter dem sedes zu Summerde stand, ist sehr alt und war schon im Jahre 1763 so baufällig, daß sie damals einer Reparatur unterworfen werden musste. In der auf dem Thurme stehenden eisernen Windfahne befindet sich neben dem Rade der Erfurter Wappens die Jahreszahl 1671 und in einem Balken des Glockenstuhles des Thurmes ist die Jahreszahl 1611 eingehauen. Die größere Glocke trägt die Inschrift: "Gloria Jn Excelsis Deo. Durch Gottes Hilfe goss mich Hans Heinrich Rausch in Erfurt 1696." Die kleinere Glocke führt die Aufschrift: "Soli Deo Gloria. Anno 1787 me fecerunt J. Ge. u. Jo. Go. Ulrich Apoldae."

Der in der Kirche sich befindende aus Stein gehauene Taufstein ist sehr alt; an dem oberen Theile desselben stehen die Worte: "Lasset die Kindlein zu mir kommen, denn solcher ist das Reich." Der Fuß des Taufsteins ist mit 4 geflügelten Engeln versehen.


zurück zur Übersicht Geschichte
zurück zur Startseite